top of page

Der kleine Waldgarten im Privatgarten - ein Überblick

In dieser Reihe widme ich mich dem Thema Waldgärten. Ich stelle die Basics, die Synergien, spezielle Pflanzen und einiges mehr vor. Bleibt dran :)


Ein kleiner Wald im Garten: Naturnah, nachhaltig, widerstandsfähig und wildromatnisch. Der Waldgarten, auch als "Essbarer Wald" oder englisch "Food Forest" bekannt, erfreut sich in der Welt der Gärtnerei und Selbstversorgung zunehmender Beliebtheit. Dieser Garten"stil" orientiert sich an natürlichen Ökosystemen und ermöglicht es jedem, ein kleines Stück wilden Wald in seinem eigenen Garten zu schaffen. In diesem Artikel erkunden wir die Faszination und Möglichkeiten eines privaten Waldgartens.


Die Idee hinter dem Waldgarten Ein Waldgarten ist mehr als nur eine Ansammlung von Bäumen. Er ist ein lebendiges, sich selbst erhaltendes Ökosystem, das Obst, Gemüse, Kräuter, Pilze, Holz und einiges mehr produziert. Inspiriert vom natürlichen Aufbau des Waldrandes, wird ein Waldgarten in Schichten angelegt. Je nach Autor sind dies bis zu sieben, ein funktionierendes System kann aber auch mit nur vier Schichten funktionieren, die anderen kommen sowieso meist von alleine.

  1. Der Hochstamm: Große, langlebige Bäume bilden das Gerüst des Waldgartens. Sie brauchen lange um zu tragen, weswegen die Permakultur gerne im 50-Jahres-Durchschnitt rechnet. Nussbäume, aber auch Wertholz sind hier gut aufgehoben.

  2. Die sogenannten Unterhälter oder Niedrigstämme bilden eine weitere Baumschicht. Im kleinen Garten können wir hier beginnen, denn sehr hohe und ausladende Bäume, wie Marone und Waldnuss finden oft nicht ausreichend Platz. Hier fühlen sich Obstbäume wie Äpfel, Birnen und Kirschen, aber auch (essbare) Wildgehölze wohl.

  3. Die Strauchschicht: Unter den Bäumen wachsen Sträucher, die der Krautschicht Schatten spenden und Früchte tragen. Johannisbeeren, Stachelbeeren, Heidelbeeren und Brombeeren sind beliebte Optionen. Hier sieht man schön, dass sich der Waldgarten nicht am Waldinneren, sondern an den Randzonen orientiert. Die meisten Früchte brauchen, um gut zu reifen, ein Minimum an Sonnenlicht - mitten im Wald finden sich nur selten erfolgreich fruchttragende Pflanzen.

  4. Die Krautschicht: Am Boden des Waldgartens gedeihen verschiedene essbare Pflanzen, darunter niedrige Beerensträucher, Stauden, Kräuter, aber auch mehrjähriges Gemüse.

  5. Die Wurzelschicht: Unter der Erde arbeiten Wurzelgemüse wie Beten, Pastinaken, Kartoffeln, Karotten und Radieschen daran, den Boden aufzulockern und zu bereichern.

  6. Die Kletterpflanzeschicht: (wilder) Wein, Clematis, Rosen nutzen die Höhe am Baum perfekt (Versuche mit Chayote und anderen exotischen Kletterern sind sicher auch interessant).

  7. Die Bodendecker bilden einen (essbaren) lebendigen Mulch und halten so den Boden gesund. Beispiele sind unter anderem Erdbeeren, Knoblauchsrauke und Waldmeister.





Was den Waldgarten so produktiv macht: Der Waldgärtner stapelt bewusst in Raum und Zeit!

So entstehen extrem produktive, langlebige und pflegeleichte Systeme, in denen immerhin die Hälfte der Biodiversität zu finden ist, die einen Primärwald, also einen natürlich gewachsenen, nicht kultivierten Wald, auszeichnet. Insgesamt könnten wohl 10 Milliarden Menschen ernährt werden, wenn wir die gesamte Landwirtschaft (und damit unsere Art zu leben und zu wirtschaften) auf Permakultur umstellen würden. Waldgärten und Agroforstsysteme spielen darin eine große Rolle. Jonas Gampe hat die aktuellen Zahlen in seinem Buch "Letzter Ausweg: Permakultur!" sehr gut zusammengefasst - wir könnten sofort CO2-negativ werden und quasi en passant die wichtigsten Probleme unserer Zeit lösen... Das liegt, wie gerade erwähnt an der Raumausnutzung und der Nutzung von Nischen in der Zeit: Wir bauen in Schichten an und so können auf kleiner Fläche deutlich mehr ernten als bei monokultureller Nutzung (Hochrechnungen zufolge statt 7t Weizen/ Hektar ca 40t bunte Fruchtvielfalt/ Hektar). Zudem bleibt der Boden nie unbedeckt - wenn Kultur A abgeerntet ist, steht Kultur B schon in den Startlöchern, C ist schon geplant. Hierdurch wird die enorme CO2-Speicherkapazität des Bodens nicht beeinträchtigt, sondern im Gegenteil peux a peux wiederhergestellt.

Zurück in unseren eigenen Garten.

Die Vorteile eines kleinen Waldes im Privatgarten

  • Nachhaltigkeit: Ein Waldgarten ist äußerst ressourcenschonend. Durch die Nachahmung natürlicher Ökosysteme benötigt er wenig zusätzliches Wasser, keine Pestizide und keinen Dünger. Durch den konsequenten Fokus auf mehrjährige und selbstaussäende Pflanzen ist diese Form des Gärtnerns sehr extensiv. Wir brauchen wenig Arbeitsaufwand, um das System in "kultiviertem Rahmen" zu halten. (Ganz ohne Pflege funktioniert Gärtnern nicht, denn eine gewissen Form und Menge an Ernte brauchen wir nunmal zum Überleben. Wenn die Natur den Garten ganz übernimmt, wuchert auch viel, das weniger Ernte, kleinere Früchte usw. bringt und die (teilweise) Selbstversorgung wird zunehmend schwieriger.) Der Boden kann sich regenrieren und CO2 sowie Nährstoffe und Wasser speichern, wir müssen kein Saatgut zukaufen und weniger weit her geschifftes Ost und Gemüse im Supermarkt kaufen. Das System ist auf Jahrzehnte angelegt und kann sich durch einfache Kreisläufe großteils selbst erhalten.

  • Vielfalt: Dank der verschiedenen Schichten bietet ein Waldgarten eine breite Palette an Pflanzen. Dies fördert die Biodiversität und zieht nützliche Insekten an, die zur Bestäubung beitragen. Das herabfallende Laub bietet neben Dünger auch Lebensraum für Insekten, Schnecken und vielleicht sogar Amphibien und damit Nahrung für Igel, Vögel und andere Kleintiere. Strauch- und Baumschnitt kann ganz in Haufen oder als Totholzhecke oder aber auch gehäckselt als Mulch im System verbleiben und wirkt genauso wie das Laub.

  • Selbstversorgung: Ein Waldgarten kann eine beeindruckende Menge an Obst, Gemüse und Kräutern produzieren, die zur Selbstversorgung beitragen. Ein Nussbaum im Zentrum kann nach eingen Jahren die ganze Nachbarschaft versorgen (Walsnüsse aus Californien ade´), je nach Größe kann das System mehr liefern als wir verarbeiten können. Aber das macht gar nichts. Über Üerschüsse freuen sich Nachbarn, aber auch alle anderen Lebewesen, die im Waldgarten leben. Gerade im Winter sind Vögel und Säugetiere froh über ein bisschen zusätzliche Nahrung, da die natürlichen Quellen doch immer rarer werden.

  • Naturnähe: Ein Waldgarten ist ein Stück Wildnis in Deinem Garten. Er lädt zum Beobachten von Vögeln, Insekten und anderen Tieren ein und schafft ein stimmungsvolles, naturnahes Ambiente. Studien zur Frage des "nature deficite syndrom" gibt es inzwischen einige - mit einem Waldgarten kann Dir und Deinen Kindern (!) das nicht passieren. Sitzplätze unter Bäumen, umrundet von weißblühenden Pflanzen, die das Mondlicht reflektieren wie z.B. Nachtviolen (dieser Duft!), laden zum Verweilen im MondscheinGarten und zur Beobachtung von Fledermaus und Co ein. In den immer heißer werdenden Sommern bietet ein Waldgarten nicht nur durch den angenehmen Schatten Schutz, sondern wirkt durch den Verdunstungskreislauf aktiv kühlend. Die Klimaanlage der Natur.





Tipps für die Gestaltung Deines Waldgartens

  1. Standortwahl: Der Waldgarten kann wirklich überall entstehen, wo mindestens ein Baum Platz hat. Es gibt für jedes Lichtverhältnis und jede Bodenbeschaffenheit passende Pflanzen - so lange überhaupt etwas Licht und Boden da sind.

  2. Vielfalt: Nimm Dir Zeit für eine gründliche Planung. Was möchtest Du ernten, was passt vom Pflegeaufwand, von den Verarbeitungsmöglichkeiten und der Optik zu Euren Bedürfnissen? Es gibt fertige Pflanzpläne im Netz, Du kannst jemanden wie mich beauftragen oder wenn Du expermimentierfreudig bist: Versuche Dich mit verschiedenen Pflanzenarten. Kombiniere Obstbäume, Beerensträucher, Kräuter und Gemüse, um maximale Vielfalt zu erreichen. Pflanze verschiedene Varietäten und schau, welche sich wohlfühlt. So erreichst Du in wenigen Jahren eine perfekte Anpassung der Pflanzen an genau Deinen Standort.

  3. Pflege: Ein Waldgarten erfordert viel weniger Pflege als ein konventioneller Gemüsegarten. Dennoch ist die ein oder andere Maßnahme erforderlich. Gerade in der Anfangsphase wuchern Pflanzen, die den Standort gut finden schnell über langsamere Nachbarn. Bis sich ein Gleichgewicht eingestellt hat und kleinere Pflanzen konkurrenzfähig sind, sollten starke Partner beerntet werden. Obstbäume müssen in den ersten Jahren fachkundig geschnitten werden - und dann wieder alle paar Jahre.

  4. Geduld: Ein Waldgarten entwickelt sich über die Jahre hinweg. Sei geduldig und lass der Natur Zeit, Dein kleines Paradies zu gestalten. Es gibt inzwischen sehr viele schnell fruchtende Sorten auf dem Markt, wähle solche, wenn Du schnell ernten willst. Auch ein Gleichgewicht zwischen Nützlingen und Schädlingen dauert mehrere Jahre (Über mein Schnecken-Thema habe ich ja schon mehrfach hier geklagt :(). Es wird sich einstellen - versprochen!


Ein Waldgarten ist eine zeitgemäße Möglichkeit, nachhaltig zu gärtnern und sich selbst mit frischen, gesunden Lebensmitteln zu versorgen. Versucht es doch einfach mal :)



bottom of page